Im Zentrum von Hicham Berradas Arbeitsweise steht der experimentelle Gebrauch von chemischen Stoffen als künstlerisches Material. Anhand dieser aktiviert er innerhalb seiner installativen, performativen und filmischen Werke chemische Reaktionsabläufe, welche oftmals Assoziationen an mikroskopisch-ephemere Formen von natürlichen Organismen und Landschaften hervorrufen. Mit seinen Arbeiten rückt Berrada somit nicht nur die Poesie sich spontan vollziehender Prozesse in den Mittelpunkt, sondern nähert sich ebenso auf kritische Weise dem spätmodernen Verständnis einer durch Technik und Wissenschaft beherrschbaren Natur an.

Celeste
Zu Beginn von Hicham Berradas 2014 entstandenem Video Celeste ist für die BetrachterInnen zunächst die Einstellung eines üppig gedeihenden Waldes durch das offene Fenster eines Landhauses zu sehen. In der idyllisch erscheinenden Naturaufnahme zeigen sich kurz darauf jedoch erste Spuren eines kobaltblauen Rauches, dessen Ursprung unklar bleibt. Dieser verdichtet sich im weiteren Verlauf zu einer apokalyptisch anmutenden Nebelwolke, die zusehends mit der natürlichen Umwelt verschmilzt und schließlich den gesamten Bildraum einzunehmen droht. Doch handelt es sich bei der Wolke um einen giftigen Stoff, der letztlich zur Zerstörung des Waldes führt? Macht der Nebel nur sichtbar, was sich ohnehin schon als Verschmutzung in unserer Luft befindet? Oder beschreibt das Phänomen stattdessen sogar eine bisher unbekannte Abwehrreaktion, welche die Natur selbst hervorgebracht hat? In Anbetracht dieser und ähnlicher Assoziationen gerät der blaue Nebel innerhalb der Arbeit Celeste zu einer vielschichtigen Projektionsfläche über die drohende Vereinnahmung und Zerstörung des natürlichen Lebensraums.