In ihren Rollen als Künstlerin, Designerin und Wissenschaftlerin nähert sich Pinar Yoldas auf interdisziplinäre Weise dem Bereich biologischer Phänomene wie auch dem Gebrauch digitaler Technologien an. Anhand raumgreifender Installationen, kinetischer Objekte und filmischer Arbeiten zentriert sich ihr künstlerischer Ansatz hierbei um aktuelle Fragen zur Idee des Posthumanismus, des Öko-Nihilismus sowie einer feministisch orientierten Technowissenschaft.
Ecosystem of Excess
Das seit 2013 von Pinar Yoldas kontinuierlich fortentwickelte Projekt Ecosystem of Excess findet seinen thematischenAusgangspunkt in dem Phänomen des „Great Pacific Garbage Patch“, welches einen 1997 entdeckten Meeresstrudel mit mehreren Millionen Tonnen Plastikmüll im Nordpazifik bezeichnet. Symptomatisch steht dieser für die zunehmende Verschmutzung der ozeanischen Lebenswelt durch synthetische Abfallstoffe der menschlichen Zivilisation ein. Vor diesem Hintergrund entwickelt Yoldas in Ecosystem of Excess spekulative Organismen, für die sich die angesammelten Plastikrückstände innerhalb der Meere als neue Lebensgrundlage erweisen. Neben selbst entworfenen Prototypen von unterschiedlichen Tier- und Pflanzenarten umfasst das Werk ebenso mehrere Leuchtkästen, welche die Beziehung zwischen menschlicher Konsumwelt, Plastikrückständen und neuen Lebensformen skizzenhaft auscharakterisieren und typologisieren. Der sich darin abzeichnende, naturwissenschaftliche Habitus findet seine Fortsetzung darüber hinaus in der Wahl des Installationsdisplays, das in unmittelbarer Weise an die spezifischen Präsentationsformate in Naturkundemuseen erinnert. Wird Yoldas Arbeit somit einerseits als vielschichtiges Beispiel für die produktive Verbindung von künstlerischen und wissenschaftlichen Strategien lesbar, so konkretisiert sie anhand der Prototypen der spekulativen Organismen im selben Moment die Möglichkeit neuer Symbiosen zwischen dem Feld des Organischen (Natur) und des Anorganischen (Kultur). Mit der hypothetischen Überwindung dieser herkömmlich entgegenstehenden Bereiche eröffnet das Werk Ecosystem of Excess dabei zugleich einen tieferliegenden Reflexionskontext, indem es der pessimistischen Zukunftsvorstellung unserer Gegenwart ein bisher unausformuliertes, utopisches Potenzial entgegensetzt.