There will come soft rains

Pinar Yoldas (TR)
„Ecosystem of Excess“

In ihren Rollen als Künstlerin, Designerin und Wissenschaftlerin nähert sich Pinar Yoldas auf interdisziplinäre Weise dem Bereich biologischer Phänomene wie auch dem Gebrauch digitaler Technologien an. Anhand raumgreifender Installationen, kinetischer Objekte und filmischer Arbeiten zentriert sich ihr künstlerischer Ansatz hierbei um aktuelle Fragen zur Idee des Posthumanismus, des Öko-Nihilismus sowie einer feministisch orientierten Technowissenschaft.

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Pinar Yoldas, Ecosystem of Excess, seit 2013, Installation view basis 2018, Foto: Günther Dächert
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Pinar Yoldas, Ecosystem of Excess, seit 2013, Installation view basis 2018, Foto: Günther Dächert
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Pinar Yoldas, Ecosystem of Excess (Detail), 2017, Variable Dimensions, Foto: Pinar Yoldas

Ecosystem of Excess

Das seit 2013 von Pinar Yoldas kontinuierlich fortentwickelte Projekt Ecosystem of Excess findet seinen thematischenAusgangspunkt in dem Phänomen des „Great Pacific Garbage Patch“, welches einen 1997 entdeckten Meeresstrudel mit mehreren Millionen Tonnen Plastikmüll im Nordpazifik bezeichnet. Symptomatisch steht dieser für die zunehmende Verschmutzung der ozeanischen Lebenswelt durch synthetische Abfallstoffe der menschlichen Zivilisation ein. Vor diesem Hintergrund entwickelt Yoldas in Ecosystem of Excess spekulative Organismen, für die sich die angesammelten Plastikrückstände innerhalb der Meere als neue Lebensgrundlage erweisen. Neben selbst entworfenen Prototypen von unterschiedlichen Tier- und Pflanzenarten umfasst das Werk ebenso mehrere Leuchtkästen, welche die Beziehung zwischen menschlicher Konsumwelt, Plastikrückständen und neuen Lebensformen skizzenhaft auscharakterisieren und typologisieren. Der sich darin abzeichnende, naturwissenschaftliche Habitus findet seine Fortsetzung darüber hinaus in der Wahl des Installationsdisplays, das in unmittelbarer Weise an die spezifischen Präsentationsformate in Naturkundemuseen erinnert. Wird Yoldas Arbeit somit einerseits als vielschichtiges Beispiel für die produktive Verbindung von künstlerischen und wissenschaftlichen Strategien lesbar, so konkretisiert sie anhand der Prototypen der spekulativen Organismen im selben Moment die Möglichkeit neuer Symbiosen zwischen dem Feld des Organischen (Natur) und des Anorganischen (Kultur). Mit der hypothetischen Überwindung dieser herkömmlich entgegenstehenden Bereiche eröffnet das Werk Ecosystem of Excess dabei zugleich einen tieferliegenden Reflexionskontext, indem es der pessimistischen Zukunftsvorstellung unserer Gegenwart ein bisher unausformuliertes, utopisches Potenzial entgegensetzt.

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Weitere Beiträge

Pinar Yoldas

1. What does the idea of a non-human world mean to you? Do you see it as an inspiring artistic proposition or as a real possibility for the near future? I do not get a kick out of the possibility of a non-human world. Since humans emerged as a species who dominated the planet, a world without humans would mean that our models for civilization failed us. I do not find inspiration in the mass failure of human cultures, to live harmoniously with other organisms inhabiting Earth. My inspiration comes from the intrinsic and undeniable beauty of the natural world in its all complexity to the point that we understand it with our science or by other means we have been endowed with. Yet it is very humbling to accept that human beings may or may not be around let’s say in the next 500 years. It is the same kind of humbling thought that one could get when one understands their own death.

Alle Artworks

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Julian Charrière (CH)
„Iroojrilik“, „Pacific Fiction—Study for a Monument“

Steine oder natürliche Elemente wie Lithium oder Salz verraten eine Menge über das menschliche Verhalten und die Geschichte. Julian Charrière reist um die Welt, um mit diesen Elementen auf eine zutiefst poetische Weise zu experimentieren. So hat er einen Gletscher an der Küste Islands erklommen, radioaktive Regionen in Kasachstan erkundet und eine Wüste im Süden Boliviens durchquert. In seinem Werk, welches von Science-Fiction-Visionen wie „The Terminal Beach“ von J. G. Ballard inspiriert ist, beschäftigt er sich mit den Auswirkungen von Atomkraft und Radioaktivität.
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Mario Pfeifer (DE)
„#BLACKTIVIST“

Mario Pfeifers künstlerische Praxis findet ihren Ausdruck in filmischen Arbeiten und Videoinstallationen, anhand derer er repräsentationale Systeme sowie sozio-politische Hintergründe aus einer Vielzahl von Kulturkreisen beleuchtet. Seine Werke knüpfen hierbei an konkrete gesellschaftliche Fragestellungen an, deren weiterführende Kontexte er durch eingehende Recherchen vor Ort erschließt und dokumentiert. Eine besondere Rolle kommt zugleich den musikalischen und akustischen Dimensionen seiner Arbeiten zu, die sich häufig in einer engen Verbindung zu deren inhaltlichen und visuellen Aspekten bewegen.
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Marcela Armas (ME)
„TSINAMEKUTA“

Dekolonialisierung ist nicht immer nur eine Frage von Identität und Herkunft, sondern schließt in einem weiteren Sinne ebenso die Befreiung von Umwelt und Natur ein. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der globale Westen auch gegenwärtig noch starken Einfluss auf die Kulturen, Gesellschaften und Lebensräume lateinamerikanischer Länder ausübt. Die daraus resultierenden und sich überschneidenden Auswirkungen sind grundlegende Aspekte der künstlerischen Arbeit von Marcela Armas. Anhand von Installationen, handgefertigten technologischen Apparaten und Filmen erkundet sie die Mechanismen und Prozesse der De- und Reterritorialisierung.
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Jeronimo Voss (DE)
„Kassandras Höhle“

In seiner künstlerischen Praxis entwickelt Jeronimo Voss zumeist installative Werke, die sich als vielschichtige Entwürfe von Geschichts- und Parallelwelten lesen lassen. Anhand von Diamontagen und diverser Projektionsverfahren kreiert er hierbei narrative Raumsituationen, die sich nicht nur durch eine zeitliche Ineinanderblendung von Vergangenem, Gegenwärtigem und Zukünftigem auszeichnen, sondern darin zugleich den produktiven Überlagerungen zwischen Bildrealität und gesellschaftlicher Lebenswirklichkeit nachspüren. Wiederkehrende Schwerpunkte seiner künstlerischen Auseinandersetzung finden sich in den kosmopolitischen Interpretationen astronomischer Hypothesen und der kritischen Beleuchtung neoliberaler Fortschrittsversprechen.
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Carolina Caycedo (EN)
„Esto no es agua / This Is Not Water“, „Foresight Filaments“

Carolina Caycedo vereint in ihrer künstlerischen Praxis Aktivismus und Kunst. Sie überträgt ihre Recherchen, Interviews und Dokumentationen in Objekte, Zeichnungen und Videos, die anschließend in einen Ausstellungskontext überführt werden. Zentrale Aspekte ihrer Arbeit finden sich in der Verteidigung von Territorien indigener Bevölkerungsgruppen sowie ihrem Kampf für die Rechte der natürlichen Umwelt. Durch visuelle Medien, Klangarbeiten und Vorträge rückt sie die gesellschaftliche Realität sowie den weltweiten Ökozid in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit und eröffnet somit Raum für potenzielle Diskurse und Paradigmenwechsel. Innerhalb von Caycedos Werk spielt das Element des Wassers eine besondere Rolle, da in der indigenen Kosmologie alle Gewässer miteinander in Verbindung stehen: „Die Flüsse sind die Venen des Planeten, ihr Wasser fließt durch alle Gemeinden und Ökosysteme.“ Auf subtile Weise lenkt Caycedo mit ihren Arbeiten den Blick auf zentrale Umweltkatastrophen unserer Zeit – welche unter anderem Flüsse, indigene Gruppen und Ökosysteme in Südamerika von Kolumbien bis Brasilien betreffen – und gibt der lokalen Bevölkerung, die von der fortschreitenden Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch Rohstoffabbau und Wasserkraftnutzung unmittelbar betroffen ist, eine öffentliche Stimme. Obwohl die Nutzung von Wasserkraft oft als grüne Energie betrachtet wird, haben einige Nationen die ökologischen Risiken und Schäden, die durch Staudämme entstehen, bereits erkannt, und beginnen diese abzureißen. Während die westlichen Länder diesen Prozess auf ihrem eigenen Territorium vorantreiben, bauen deren Konzerne im globalen Süden jedoch riesige Wasserkraftwerke. Für Südamerika sind derzeit mindestens 250 neue Bauprojekte dieser Art geplant, die langfristig den gesamten dortigen Lebensraum beeinträchtigen werden.
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Superflex (DNK)
„Flooded McDonald's“

Superflex ist ein 1993 gegründetes Kollektiv, welches sich aus den dänischen Künstlern Jacob Fenger (* 1968), Rasmus Nielsen (* 1969) und Bjørnstjerne Reuter Christiansen (* 1969) zusammensetzt. Sie hinterfragen in ihren Arbeiten sowohl herrschende Machtsysteme wie auch Prozesse der Globalisierung und das Potenzial künstlerischer Praxen innerhalb unterschiedlicher sozialer Bereiche. Durch provokative politische Initiativen hat die Gruppe in der Vergangenheit bereits internationale Aufmerksamkeit erregt. So rief sie beispielsweise 2017 eine Kampagne für die Aufnahme Palästinas in den „Eurovision Song Contest“ ins Leben oder entwickelte in Zusammenarbeit mit brasilianischen Bauern einen Energy Drink namens „Guaraná Power“. 2017 präsentierten die Künstler ein voll funktionsfähiges medizinisches Equipment in einer Ausstellung, welches anschließend an ein Krankenhaus in der Stadt Salamiyah im Westen Syriens versandt wurde. Bei einem Verkauf der Arbeit erhält der Sammler als entsprechenden Gegenwert ein Foto von diesem Post-Readymade in der ursprünglichen Ausstellung.
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Uriel Orlow (CH)
„Remnants of The Future“

Die künstlerische Praxis von Uriel Orlow zeichnet sich durch einen recherche- und prozessorientierten Ansatz sowie die wiederkehrende Verwendung der Medien Film, Fotografie, Zeichnung und Sound aus. Anhand dieser entwirft er multimediale Installationen, in denen er unterschiedliche Bildregime und Narrationsformen miteinander in Beziehung setzt. Im Zentrum seines inhaltlichen Interesses steht hierbei seine Auseinandersetzung mit verdeckt existierenden Mikro-Historien, deren ortsspezifische und räumliche Einschreibungen er innerhalb seiner Werke offenlegt und untersucht.
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Hicham Berrada (MAR)
„Celeste“

Im Zentrum von Hicham Berradas Arbeitsweise steht der experimentelle Gebrauch von chemischen Stoffen als künstlerisches Material. Anhand dieser aktiviert er innerhalb seiner installativen, performativen und filmischen Werke chemische Reaktionsabläufe, welche oftmals Assoziationen an mikroskopisch-ephemere Formen von natürlichen Organismen und Landschaften hervorrufen. Mit seinen Arbeiten rückt Berrada somit nicht nur die Poesie sich spontan vollziehender Prozesse in den Mittelpunkt, sondern nähert sich ebenso auf kritische Weise dem spätmodernen Verständnis einer durch Technik und Wissenschaft beherrschbaren Natur an.
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Galina Leonova (RUS)
„Air“

In ihrer künstlerischen Arbeit untersucht Galina Leonova die Transformation sozialer und moralischer Wertmodelle sowie die erkenntnistheoretische Erschließung unserer Realität vor dem Hintergrund des aktuellen technologischen Fortschritts. Dieses Themenfeld behandelt sie insbesondere im Rahmen installativer und filmischer Arbeiten, in denen sie die spezifischen Schnittpunkte zwischen menschlicher Lebenswelt und neuen Medien auf experimentelle Weise auslotet und reflektiert. Im selben Moment beinhaltet ihr Schaffen eine wiederkehrende Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Formen von Zukunftsszenarien, welche ihr als fiktiver Spiegelpunkt für die Analyse gegenwärtiger Entwicklungen dienen.
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Andreas Greiner (DE) & Tyler Friedman (US)
„Study 01“, „The Molecular Ordering Of Computational Plants“

Die Zusammenarbeit zwischen Andreas Greiner und Tyler Friedman besteht seit 2014 und versteht sich als eine fortlaufende Kollaboration, in der Ideen, Wissen und Fähigkeiten produktiv zusammengeführt werden. Ausgehend von ihrem gemeinsamen Interesse am Bereich der spekulativen Biologie betrachten sie ihre Arbeit als einen stetigen Prozess, in dem sie sich experimentell mit der Idee von organisch-zellulären Strukturen als einer Form von hyperkomplexen Rechensystemen beschäftigen und zu einer imaginären Sparte der Futurologie beitragen, in welcher der intergalaktische Raum ein Quantum und das Leben elektrisch ist. Die visuellen Elemente von Andreas Greiner erzeugen in Verbindung mit den Klängen von Tyler Friedman und den narrativen Elementen aus dem Science-Fiction-Bereich eine vielschichtige Reflexion über das Konzept der „lebenden Skulptur“ und eröffnen dabei zugleich ein multisensorisches Erlebnis innerhalb der Ausstellungssituation.