Carolina Caycedo vereint in ihrer künstlerischen Praxis Aktivismus und Kunst. Sie überträgt ihre Recherchen, Interviews und Dokumentationen in Objekte, Zeichnungen und Videos, die anschließend in einen Ausstellungskontext überführt werden. Zentrale Aspekte ihrer Arbeit finden sich in der Verteidigung von Territorien indigener Bevölkerungsgruppen sowie ihrem Kampf für die Rechte der natürlichen Umwelt. Durch visuelle Medien, Klangarbeiten und Vorträge rückt sie die gesellschaftliche Realität sowie den weltweiten Ökozid in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit und eröffnet somit Raum für potenzielle Diskurse und Paradigmenwechsel. Innerhalb von Caycedos Werk spielt das Element des Wassers eine besondere Rolle, da in der indigenen Kosmologie alle Gewässer miteinander in Verbindung stehen: „Die Flüsse sind die Venen des Planeten, ihr Wasser fließt durch alle Gemeinden und Ökosysteme.“ Auf subtile Weise lenkt Caycedo mit ihren Arbeiten den Blick auf zentrale Umweltkatastrophen unserer Zeit – welche unter anderem Flüsse, indigene Gruppen und Ökosysteme in Südamerika von Kolumbien bis Brasilien betreffen – und gibt der lokalen Bevölkerung, die von der fortschreitenden Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch Rohstoffabbau und Wasserkraftnutzung unmittelbar betroffen ist, eine öffentliche Stimme. Obwohl die Nutzung von Wasserkraft oft als grüne Energie betrachtet wird, haben einige Nationen die ökologischen Risiken und Schäden, die durch Staudämme entstehen, bereits erkannt, und beginnen diese abzureißen. Während die westlichen Länder diesen Prozess auf ihrem eigenen Territorium vorantreiben, bauen deren Konzerne im globalen Süden jedoch riesige Wasserkraftwerke. Für Südamerika sind derzeit mindestens 250 neue Bauprojekte dieser Art geplant, die langfristig den gesamten dortigen Lebensraum beeinträchtigen werden.
Esto no es agua / This Is Not Water
In ihrem Video Esto no es agua / This Is Not Water (2015) zeigt Caycedo Flüsse oder vielmehr Wasserkaskaden, die anscheinend der Schwerkraft widerstehen. Das Wasser sprudelt aus dem Boden, strömt von allen Seiten des Bildschirms oder scheint in Aufnahmen aus der Luft zusammenzufließen. Diese Form der Ästhetisierung ist an der Grenze zur Abstraktion offenbar weniger die Sublimierung einer Katastrophe als vielmehr ein synästhetisches Experiment, das die Neugier der BetrachterInnen anregt. Der Soundtrack, der in Zusammenarbeit mit dem in Los Angeles ansässigen DJ Daniel Pineda angefertigt wurde, ist ein Mix aus einer mit einer Schilfrohrflöte gespielten Melodie und dem Geräusch eines Wasserfalls. Die Flöte – ein kleines Holzblasinstrument, welches in der traditionellen Musikrichtung „Cumbia“ von der indigenen Bevölkerung verwendet wird – erzeugt den melodischen Hintergrund, während das Geräusch des herabstürzenden Wassers in das Gehirn des Zuhörers einzudringen und dort alles umzuwälzen droht.
Foresight Filaments
Die auf dem Boden platzierte Arbeit Foresight Filaments (2018) wurde speziell für die Ausstellung produziert und lädt die BesucherInnen ein, sich auf ihr auszuruhen. Der die Arbeit bedeckende gemusterte Stoff vermittelt eine Form des direkten Kontakts mit dem Fluss, der nun direkt aus dem Boden hervorzusprudeln scheint.
Die Arbeit wurde produziert mit freundlicher Unterstützung von:
Musée d'Art de Pully, Lausanne